Dienstag, 11. August 2015

Unser Haus. Eine Liebe auf den zweiten Blick.

Vor ca. 3 Jahren, nachdem wie ein Jahr verheiratet waren und irgendwann befunden haben, daß Hamburg Eimsbüttel langsam wirklich laut und nervig wird und Miete zahlen auf Dauer auch nicht nachhaltig ist, haben der Mann und ich beschlossen, ein Haus zu kaufen und aufs Land zu ziehen.
Soweit, so toll.
Auf meiner Wunschliste standen Reetdachhäuser mit Bauerngarten, romantische Schwedenhäuser mit einer weißen Holzveranda oder Altbauten im Stil von englischen Townhouses. Hier wäre ich auch recht flexibel gewesen, welches davon es jetzt wird.

Wir haben dann ein Reihenhaus gekauft!!!!
Baujahr 1984. Optisch das Gegenteil von allem was mir jemals vorschwebte.
Die Realität hatte uns  eingeholt, denn dummerweise verfügten wir über ein relativ begrenztes Budget, recht wenig Freizeit und 4 linke Hände.
Und bei aller Liebe zu schönen Häusern, muß man ja auch leider realistisch bleiben. Wir wollten uns mit Mitte 40 nun auch nicht für länger als unbedingt notwendig verschulden und wir waren örtlich sehr festgelegt, sprich, wir wollten in ein ganz bestimmtes Dorf, weil wir dort bereits einen sozialen Background in Form von Familie und Freunden hatten und(!) eine hervorragende Autobahnanbindung nach Hamburg. (Übrigens beides Faktoren, die unbedingt nicht zu unterschätzen sind, kann ich Euch im Nachhinein sagen). Und da mir Zeit eins der wichtigsten Güter ist, wollte ich nicht mehr als unbedingt notwendig davon für Fahrtwege von und zur Arbeit verschwenden.

Ich hatte ein halbes Jahr lang intensiv die Immobilienseiten durchkämmt und wir haben uns mehrere Häuse angeschaut. Ging alles gar nicht. Es waren vorwiegend alte Häuse, 50er/60er Jahre, durchaus nicht uncharmant auf den ersten Blick. Aber auch immer total sanierungsbdürftig. und wenn man nicht unbedingt Handwerker oder zumindestens versierter Laie ist, kann man sich mit so einer Hütte wirklich unglücklich machen. Ganz abgesehen von dem Zeitfaktor. wir sind beide voll berufstätig, wann hätten wir es machen sollen? Ein halbes Jahr - oder fünf Jahre.... - noch weiter Miete zahlen wollten wir auch nicht.
Dinge wie Sickergruben im Keller, Lage direkt an einer Bahnstrecke, alte Ölheizungen in der ohnehin schon winzigen Küche und ähnliches, was man so nicht direkt aus dem Expose ersehen konnte, oder auch die Tatsache, daß 80 m2 Wohnfläche eben doch ganz schön wenig sind, vor allem wenn sie sich auf 5 Zimmer verteilen, kamen dann noch on top.

Ich stieß bei der Suche immer wieder auf die Anzeige von unserem Haus. Es paßte perfekt in unser Budget, aber ich hab mir die Anzeige nie intensiver angesehen, weil es mir optisch nicht reinlief. Irgendwann hab ich es aber dann doch mal richtig gelesen und mußte feststellen, daß es über diverse Features verfügt, die eigentlich auch auf unserer Wunschliste standen: offene Küche zum Beispiel. Und ein Kamin. Menge der Zimmer und Wohnfläche waren auch ausreichend. Als Kirsche auf der Torte war das Haus auch noch komplett unterkellert! Wir haben es uns also angesehen und waren dann doch ganz angetan von der Aufteilung und dem Platzangebot. Optisch war es allerdings eine Vollkatastrophe, auch innen.

Der alleinstehende Eigentümer des Hauses war mit etwa 50 Jahren ja eigentlich gar nicht soooo weit entfernt von uns. Das war's dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten.
Ansonsten waren wir so verschieden wie Tag und Nacht.
Er war irgendwo zwischen den 80er und 90er Jahren hängengeblieben. also zumindestens was die Gestaltung des Hauses betraf.
Ich frage mich heute noch, wie man es schafft, 5 verschiedene Wandfarben in einer Flucht zu verstreichen. Also nur im Erdgeschoß! Oben wurde die Farbpalette noch erweitert.

Nur zum Verständnis, bis auf das Gäste WC ist im unteren Geschoß eigentlich alles offen, also es gibt keine Tür zum Flur und die Küche ist sowieso offen zum Wohnraum. Ich bin die letzte die nicht Verständnis dafür hat, wenn man sich nicht entscheiden kann, aber hier hätte man sich wirklich farblich fokussieren müssen. Aber nein. Bunt war seine Lieblingsfarbe: Terracotta im Flur, daneben die Küche in lila, die Wand zu Küche und Flur, vom Wohnzimmer aus gesehen, in ochsenblutrot, im Treppehaus danaben ocker, das gleiche ocker auch nochmal auf der einen Wohnzimmerwand und die Wand gegenüber in orange............................... gruselig. Das ganze gekrönt von alten, abgeschraddelten, braunen Holzfurnier Zargen und Türen.
Das Obergeschoß spar ich uns erstmal, war ähnlich schrecklich.
Aber das war ja alles nur Farbe, also nicht täuschen lassen. Die wirklich wichtigen Dinge, wenn man nicht gleich alles rausreißen will, also Fußböden und Bäder, die waren alle relativ neutral und eigentlich ok. Sogar richtiges Holzparkett im Wohnzimmer und oben. Und selbst die Küche als solche war ganz gut. Konnte man alles erstmal so lassen.

Also wechselte das Haus in den Besitz von dem Mann und mir. Mit uns zogen ein Haufen bunter Kleider und Petticoats, ein paar E-Gitarren nebst Verstärker und ein schöner schwedischer Oldtimer ein, der von Stund an das Gemeinschafts Carport adelte.

Um eine lange Geschichte kurz zu machen, wir wohnen jetzt 2,5 Jahre dort und es gibt immer noch jede Menge zu tun. Aber wir sind auch nicht so die ewigen Heimwerker. und vieles ist jetzt auch nicht soooo dringend.
Was wir gemacht haben, ist, erstmal alles hell zu streichen. Das schafft schon einiges. mit einem Jahr Verspätung hab ich dann auch endlich die ollen, schäbbigen Türzargen und die Klotür unten weiß lackiert. Donnerschlag, das Haus war danach gefühlt einen Meter breiter. Man hätte auch einfach mal die Zargen und Türen erneuern können, aber das wäre ja zu einfach, nä? Und der Mann sagt immer, wir müssen erstmal das Haus bezahlen. also muß man schon ein bißchen kreativ sein.

Einrichtungstechnisch mußten wir uns ein wirlich umstellen. Wir haben vorher in Hamburg im Altbau gewohnt, mit Stuck an der Decke und dunkelrotem Teppichboden. da hatte ich ein altes Samtsofa und Sessel von meiner Oma drin stehen und superviel Leo Gedönz (Kissen, Tischdecke, alles mögliche). Und lauter unterschiedliche Schränke und Kommoden, was dort kaum auffiel, weil es so viele verschiedene und verwinkelte Räume waren....










Im Haus war das nun leider völlig anders. Unten quasi ein großer Raum, alles offen. und 80er Jahre halt. zum Glück keine Holzpanelen. Im Wohnzimmer klebt sogar eine dezente Fake Stuckleiste!!! Aber ansonsten schon ein ganz anderer Schnack. Und dann auch noch mittendrin dieses offene Treppenhaus mit der obligatorischen Mahagonietreppe..............!
Das Sofa wäre also zum Beispiel gar nicht gegangen. und war eh durch. Ich hatte es seit ich ausgezogen war und hab bei Oma schon als Baby darauf geschlafen. Ich denke, es hatte sein Soll mehr als erfüllt. Also neues Sofa. Wir haben uns dann auf Karlstadt von Ikea geeinigt, mit schwarz/weißem Pfeffer/Salz Bezug. das war schlicht, gerade und unaufgeregt, skandinavisch und irgendwie ein bißchen 60ies, fanden wir beide ganz gut, weil stilistisch sehr flexibel. Die Leo Kissen durften erstmal mit. Als Akzent dazu unser 50er Jahre Coctailsessel mit dem Leo Bezug und der Coctailtisch. Ist ne ganz coole Mischung. und wenigstens noch ein bißchen Männerkompatibel. ich persönlich hätte natürlich am liebsten alles in weiß und shabby chic. Aber das kann ich meinem Schatz noch nicht so richtig verkaufen ;-) Der würde am liebsten gar nichts verändern...... da bedarf es langfristiger Überzeugungsarbeit. Aber ich habe mit der Zeit Geduld gelernt. die erste Schlacht hab ich nun geschlagen und wir haben vor dem blöden Treppenhaus einen schönen, großen weißen Buffetschrank stehen, der den größten Teil dieses Schandflecks verdeckt. als nächstes werd ich die beiden Kieferkommoden weiß streichen. ich konnte mich bisher nur noch nicht für Farbe und Technik entscheiden. momentan liebäugel ich mit Kreidefarbe. mal kucken. Ein paar Tage Zeit wären gut. Es liegt immer so viel anderer Kram an............. Aber so weit sind wir ja noch nicht.

Um das Ganze mal zu visualisieren, so sah das Haus aus, als wir es übernommen haben:

 Und wie ich schon sagte, DAS ist nur das Untergeschoß!!! Den Rest mute ich Euch später zu.

Wir hatten eine Woche Zeit, zu renovieren.................





 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen